Studie,
CSRD-Praxischeck: Weniger ist manchmal mehr!
- Deutsche CSRD-Berichte sind signifikant länger als andere europäische Berichte
- Gründe dafür: umfangreichere Kapitel und klimaintensive Sektoren
- Optimierungspotenziale: Benchmarks nutzen, Anforderungen des Prüfers hinterfragen, auf Verständlichkeit achten
Kirchhoff Consult hat in zwei Teiluntersuchungen die Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in mehr als 200 testierten Berichten* aus 21 Ländern und 11 verschiedenen Sektoren analysiert. Das Ergebnis: signifikante Unterschiede in der Art der Umsetzung. Deutsche Unternehmen veröffentlichen verhältnismäßig lange und detaillierte Berichte. Daher lag der Fokus im zweiten Abschnitt dieser Untersuchung auf den Gründen und Treibern von Umfang und Komplexität der deutschen Berichterstattung.
Alle Ergebnisse unserer Untersuchung sind als Whitepaper hier abrufbar.
„Die erste Welle testierter CSRD-Berichte zeigt eine sehr heterogene Umsetzung des neuen Standards. Ein Plus an Umfang bedeutet nicht automatisch ein Plus an Qualität. Vielmehr zeigen sich Spannungsfelder zwischen regulatorischem Anspruch, praktischer Umsetzung und adressatengerechter Kommunikation,“ so Julian von Pressentin, Director ESG/Sustainability bei Kirchhoff Consult. „Das vorrangige Ziel unserer zweiten vertiefenden Untersuchung war es, aus den Erkenntnissen Handlungsempfehlungen für die Praxis abzuleiten. Es gilt, die Balance zu finden zwischen Transparenz und Lesbarkeit, zwischen Vollständigkeit und Verständlichkeit.“
Umfangreichere Kapitel und klimaintensive Sektoren
Alle Kapitel deutscher Berichte sind im Schnitt länger als die aus anderen europäischen Ländern. Besonders ausführlich berichten deutsche Unternehmen im Kapitel „Eigene Belegschaft“ (S1) sowie im Kapitel „Allgemeine Informationen“. Diese sind um durchschnittlich sechs bzw. acht Seiten umfangreicher als der internationale Durchschnitt.
Außerdem war zu beobachten, dass die Beschreibungen der Auswirkungen, Chancen und Risiken (IROs) in den Themenkapiteln deutscher Berichte im internationalen Vergleich rund 20 % mehr Umfang haben – ohne dass in Summe signifikant mehr IROs berichtet werden. Zu dieser Beobachtung trägt bei, dass die Beschreibung der enthaltenen Richtlinien in deutschen Berichten im Durchschnitt 36 % länger ist.
Die Analyse hat auch ergeben: Je klimaintensiver ein Sektor, desto länger die Nachhaltigkeitsberichte. Da im Rahmen der CSRD die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmens betrachten werden soll, weisen produzierende Unternehmen mehr wesentliche Bezüge zu den unterschiedlichen Nachhaltigkeitsthemen auf. Interessanterweise ist die einzige Ausnahme der Finanzsektor, in dem – trotz Ausschluss der Banken aus dieser Teiluntersuchung – die längsten Berichte erstellt wurden.
ESRS 1: „Nachhaltigkeitsinformationen sind verständlich, wenn sie klar und prägnant sind“
„Gründe für die umfangreicheren Berichte könnten in einem hohen Transparenzniveau oder ausgeprägten Nachhaltigkeitsmanagement bei deutschen Unternehmen liegen. Allerdings haben wir festgestellt, dass in sehr umfangreichen Texten der Fokus auf das Wesentliche verloren gegangen ist. Damit wird es für den Stakeholder schwieriger, zwischen relevanten und weniger relevanten Informationen zu unterscheiden,“ so Tori Weißenborn, Consultant ESG/Sustainability bei Kirchhoff Consult.
Diese Beobachtung ist im Kontext der CSRD nicht unproblematisch: Der ESRS 1 führt in Anlage B neben der wahrheitsgetreuen Darstellung, Vergleichbarkeit sowie Verständlichkeit auch Relevanz als „Qualitative Merkmale von Informationen“ auf. Als weiteres relevantes Merkmal wird die Verständlichkeit der Berichte und Informationen benannt, konkret heißt es „Nachhaltigkeitsinformationen sind verständlich, wenn sie klar und prägnant sind“. Als Grundsatz heißt es, dass „ausschließlich wesentliche Informationen“ die Grundlage der Berichterstattung bilden sollen. „Ob Stakeholder in Berichten mit 200 oder mehr Seiten noch problemlos zwischen relevanten und weniger relevanten Inhalten differenzieren können, ist fraglich,“ so Tori Weißenborn weiter.
Unterschiedliche Länder – unterschiedliche Prüfungsanforderungen?
„Aus der Praxis und unserer Analyse wissen wir, dass von Wirtschaftsprüfern in Deutschland zum Teil Anforderungen an die berichtspflichtigen Unternehmen gestellt wurden, die nicht oder nicht vollständig durch die regulatorischen Anforderungen begründet waren. Das kann einzelne Formulierungen betreffen aber auch aufwändige Tabellen ohne tatsächlichen Mehrwert zur Folge haben,“ so Julian von Pressentin. Es wurden Referenzen zu Datenpunkten oder Paragrafen aufgenommen, ohne dass eine solche Anforderungen im Berichtsstandard existiert. „Gelegentlich ist es sinnvoll, Anforderungen des Prüfers kritisch zu hinterfragen. Oder (internationale) Referenzberichte des gleichen Prüfungshauses zu nutzen, um das Vorgehen in der entsprechenden Fragestellung zu analysieren.“
CSRD-Reporting: Empfehlungen für die Praxis
Tabelle mit Wesentlichen Themen: Soll eine Matrix erstellt werden, kann ggf. auf eine punktgenaue Platzierung der einzelnen Themen/Punkte in der Matrix verzichtet werden. Es reicht oft aus, zwischen den vier Matrixquadranten zu differenzieren. Eine prägnante, tabellarische Übersicht ist allerdings oft noch zielführender.
Mehr Fokussierung bei IROs: Eine große Menge an IROs bietet dem Stakeholder keinen ersichtlichen Mehrwert. Auch wenn viele IROs das Ergebnis der Wesentlichkeitsanalyse sind, können diese für den Bericht zusammengefasst werden. Besonders übersichtlich ist eine IRO-Tabelle zu Kapitelbeginn. Als Designelement kann sie den Kapitelanfang zusätzlich gestalterisch aufwerten.
Kapitelumfang reduzieren: In sehr umfangreichen Berichten bestehen oftmals Kürzungspotenziale bei den Beschreibungen von Richtlinien oder den begleitenden Kontextinformationen zu Kennzahlen.
Benchmarks nutzen: Wenn Unternehmen ihren Berichtsentwurf benchmarken wollen, sollte zumindest grob derselbe Sektor als Vergleichsgrundlage herangezogen werden. Unterschiede im Bereich wesentlicher Themen oder Umfänge sind nur Beispiele für mögliche Abweichungen zwischen den Sektoren.
Ein „Quick Win“: Ein GRI- und/oder TCFD-Index ist ohne erheblichen Aufwand erstellbar. Sie bieten internationalen Stakeholdern eine Orientierungshilfe.
* Berücksichtigt wurden ausschließlich Berichte von Unternehmen, die bereits vollumfänglich nach ESRS berichtet haben.
ÜBER KIRCHHOFF CONSULT
Kirchhoff Consult ist mit rund 70 Mitarbeitenden eine führende Kommunikations- und Strategieberatung für Finanzkommunikation und ESG im deutschsprachigen Raum. Seit mehr als 30 Jahren berät Kirchhoff Kunden in allen Fragen der Finanz- und Unternehmenskommunikation, Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten, beim Börsengang, im Bereich der Investor Relations sowie der ESG- und Nachhaltigkeitskommunikation. ‘Designing Sustainable Value’: Kirchhoff verbindet inhaltliche Kompetenz mit exzellentem Design und schafft damit nachhaltig Werte.
Kirchhoff Consult ist Mitglied im TEAM FARNER, einer europäischen Allianz von partnergeführten Agenturen. Gemeinsames Ziel: der Aufbau des europäischen Marktführers für integrierte Kommunikationsberatung.
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Julian von Pressentin
Director ESG/Sustainability
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